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Traugott Giesen Kolumne 21.10.2000 aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg

Vom Sichentschuldigen

Unrecht zugeben, fällt schwer. Und dann noch Verzeihung erbitten. Und noch Gutmachung einräumen. Und dann noch wieder miteinander sprechen und sich nicht aus dem Weg gehen. Lieber stellen wir uns dumm, schieben auf, wollen nichts bemerkt haben, Fahrerflucht eben. Und zur Rede gestellt: Ausreden die Fülle. Man wollte nur das Beste. Wir wiegeln ab, als wären die andern blöde, am schlimmsten die, die immer meinen, Recht behalten zu müssen, auch wenn sie es nicht haben. Zeit soll gewonnen werden, wenigstens Aufschub, vielleicht tut sich ein Wunder auf, ein gnädiges Vergessen vielleicht. Vielleicht kommt man noch einmal davon, nur nicht das klare Eingestehen, lieber noch taktieren und falsche Fährten legen, Nebelkerzen werfen, andere Kampfplätze eröffnen, an die Sünden des Gegenübers erinnern. Heute noch empört tun, heute noch weit von sich weisen, zur Not ein Ehrenwort, um nur eben noch den Hals aus der Schlinge zu kriegen. Wenigstens jetzt, morgen kann ja Abbitte geleistet werden, wenn alle Dämme brechen. Aber nicht jetzt.
Dabei sündigen wir doch alle, mehr oder weniger. Es gibt ganz wenig gute, ganz wenige böse Menschen; allermeist sind wir bösgut, gutbös, sagte Musil. Wir vergehen uns an der Ehre des andern oder vergreifen uns am Gut des andern oder bleiben Hilfe schuldig oder wollen lieber auf einen guten Freund verzichten als auf eine gute Pointe, jedenfalls dann und wann. Alle werden wir schuldig und brauchen Vergebung. Liebende leben von der Vergebung, sagt man. Wenn das schon bei sehr Nahen so ist, wie viel Vergebung brauchen wir dann im Verkehr oder unter Kollegen � wie schnell ist man zu weit gegangen oder hat�s nicht so genau genommen.
Die Wirklichkeit hält eine Menge aus, im Ganzen ist unser Zusammenleben fehlerfreundlich, meist kommen wir aneinander vorbei ohne grösseres Unheil. Um so wichtiger ist die Bitte um Verzeihung, wenn�s mal wirklich ans Innere ging. Und da sollten wir es wirklich genau nehmen. Nicht: �Ich entschuldige mich�, sondern: �Ich bedaure mein Versagen, meine Voreiligkeit, mein Geschwätz, meine Fahrlässigkeit, meine üble Nachrede� � was auch immer. �Ich war nicht bei Trost, ich war fies, unfair, rücksichtslos.� Wenn�s ganz schlimm war: �Ich war verblendet� oder �Mich hat der Teufel geritten. Es ist mir herzlich leid, es tut mir weh, Ihnen dies Unrecht angetan zu haben. Ich bitte Sie um Verzeihung� oder �Ich bitte Sie um Entschuldigung.� Wichtig, dass wir unsere Schuld nicht verdecken. Dann kann der Andere uns entschulden, wenn er die Kraft hat, kann uns vergeben und die Hand reichen � kann Versöhnung auf den Weg bringen.
Das Um-Verzeihung-bitten ist ein rares Gut, weil Scham nur unter Schmerzen befreit. Dem Ja oder Nein des Andern uns auszuliefern, braucht Mut. Aber als einer mal dich um Verzeihung bat, nicht obenhin sondern wahrhaftig, da konntest du auch sagen: Nun gut, auf ein Neues.
 


 




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