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Kolumne 20. November 2004 - <br>Wir haben die Tendenz zur Vollendung in uns

Traugott Giesen Kolumne 20.11.2004 aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg

Wir haben die Tendenz zur Vollendung in uns

Himmel und Erde

von Traugott Giesen

Es ist nicht klar, was wir sind. Ja, Menschen. Aber was macht uns dazu? Erst im Vergleich können wir uns merken. Aber mit wem oder was verglichen, erkennen wir unsere Würde, unser Wesen? "Wir sind nur ein Schilfrohr, aber ein denkendes" - stark gesagt von Herrn Pascal. Damit ist die Spannweite genannt. Vom Material her: wie Gras, über das der Wind geht; aber wissen kann es der Mensch, er kann staunen, grübeln, entscheiden, was dringlich ist; das Denken macht ihn zum Abenteurer.

"Zu klein für einen Gott, zu groß fürs Ungefähr", hat auch mal ein Weiser von uns gesagt. An allem Vorhandenen gemessen sind wir groß. Sogar das Weltall, obwohl wir keine Vorstellung von seinem Umfang haben, können wir gedanklich in die Tasche stecken. Und was ist ein neuer Stern gegen die Geburt eines neuen Kindes? Die Sonne ist nur ein Atomofen, gedankenlos und willensleer. Aber das Menschlein, wenn es seine Hand ausstreckt in Mutters Gesicht, dann ist der Weltwille im Zimmer. Wir sind nur vergleichbar mit Gott - grandios, das die vor uns schon wußten: "Gott schuf den Menschen zu seinem Bild", zu seinem Gegenüber, seinem Zeugen. Darum sagt das erste Gebot auch: "Ich, der ich dich ins Leben gerufen habe, bin dein Gott. Du hast keine anderen Götter!" Du bist zu schade, hörig zu werden, du Freier, du Sohn, Tochter Gottes. Liebe! Und tu, was du dann wollen kannst. Er hauchte unsere Seele in die Chromosomen, er beruft uns zu unserm Ich, vor ihm verantworten wir Gut und Böse. Von ihm (Tarnwort: aus der Hand des Schicksals) lassen wir uns anvertrauen. Ihm klagen wir die Leiden, fragen, warum denn ich? Und fragen das nicht den Arzt, sondern darüber hinaus. Wir werfen im Glück unsere Freude an den Himmel. Und strecken uns im Sterben zu ihm aus. Bitte, sieh dein Jetzt als den wunderbaren Augenblick in Gottes Symphonie, worin die Welt, wie sie bisher ist, durch das Nadelöhr deiner Existenz gefädelt wird zur Welt hin, die das Ganze noch erst werden soll. Wie im Orchester dein Tönchen den Ton des Ganzen mitbildet, so fällt im Augenblick des Jetzt durch dich mit die Entscheidung, was wird. Und immer sollst Du beteiligt sein an der Werdewelt. Ich bin sicher, Gott legt seine Ehre ein, daß wir Menschen und irgendwie auch die übrige Kreatur eine vollendete Schöpfung mitfeiern. Wir haben Tendenzen auf Vollendung hin in uns: Die Lust an Schönem, die Sehnsucht, ganz zu werden in Liebe; brennende Scham über Schuld und die Bitte um Heilwerden.

Diese Tendenz auf Fülle und Vollendung hin macht, daß wir nicht nur einfach still verenden. Sondern der Mensch taucht ein in die Tragik des Todes. Was unser Sterben zum Tod macht, ist ein riesiger innerer Schrei, mit dem wir von diesem Leben abreißen: Wem bin ich noch wer? Wo ist mein Zuhause? Wenn ich abbreche, sprich weiter mit mir, Gott; du Leib aller Seelen. Unsere Sehnsucht wünscht sich Ewigkeit. Das ist kein Beweis für kommende Fülle, wie Durst kein Beweis ist für Wasser. Aber immerhin.


 




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