Traugott Giesen Kolumne 19.12.1998 aus Hamburger Morgenpost
Mehr Licht in dein Leben
Licht ist uns Heutigen ein normal Vorhandenes. Oft bedauern wir Zuviel
davon: zu grell sei es und es blendet, es wird vergeudet. Das Streulicht
der Großstädte nimmt den Sternen ihren Glanz.
Werden Kirchen nachts angestrahlt, sagen manche, man solle
sie nicht künstlich wecken sondern die Natur walten lassen.Doch
Leuchttürme halten Schiffe auf richtigem Weg. So können auch
Kirchen, die aus Finsternis auftauchen, zu guten Gedanken bringen. Weihnachten
strahlt Licht üppiger denn je. Gutwillig könnte man meinen, das
sei schwacher Schimmer von der der Ahnung, daß Christus, das "Licht
der Welt" geboren ist.
Licht ermöglicht Sehen, Wissen wo`s lang geht und um was
es sich handelt. Sobald der Strom ausfällt, fangen wir an zu bangen
um den Antrieb von Motoren aller Art für Wärme und Kälte,
Bewegung, Kommunikation, medizinische Apparate. � Bleibt der Strom länger
weg, so geht uns das Wunder des Lichtes wieder auf und wir beten um das
einzigartige Gottesgeschenk �
Wie ersehnen in der Polarnacht die Menschen den Wiederanstieg
der Sonne! Herrlich, daß die im Norden die Sonnenkönigin "Lucia"
mit ihrem Gefolge haben. Und wie werden wir niedergeschlagen von trüben
Tagen und Wochen. Auch Schuld macht unser Dasein schwarz. Und wenn wir
finster gucken, heißt das nichts Gutes.
Licht wärmt, durchleuchtet, läutert, klärt, zeigt,
macht schön, versieht mit Glanz. Und auch unsere Antlitze können
leuchten. Menschenfreunde pflücken sich einen Schimmer Glanz von den
Gesichtern Vorbeigehender. Aber manches Angesicht ist verschattet und droht
zu erlöschen. Und das schmerzt, weil wir von unserer Bestimmung wissen.
Mürrisch ist niemand gern. Erhellen sollen wir einander das
Leben, sollen aufklären, auch mit Kritik den Weg ausleuchten. Wie
Kinder mit ihren lachenden Augen die Eltern immer wieder aufrichten, ist
den Friedensnobelpreis wert. Jesus Geburt feiern wir, weil
seine Art zu leben uns immer noch hell scheint: Bei der Geburt dieses Wunderbaren
muß Leuchten aus dem Himmel gefallen sein, golden flirrend als Kaskade
von Engeln. Deshalb wohl legen wir einen Abglanz von Engel � Kas � kade
dem Christbaum an; die Kerzen, Engelshaar, die Kugeln brechen und vervielfachen
das Licht � und die Spitze des Baumes schmückt ein großer Stern.
Wenn wir davorstehen, mit Kindern, mit Menschen � vielleicht auch mit einem,
der sonst allein säße � dann hoffen wir doch, selber licht zu
werden. Wir putzen einander weg den Schmutz der Verachtung.
In diesen Tagen voll Licht und Schatten achte auf Menschen, bemerke
sie, laß dich anstecken von ihrem Lächeln. Und eines Menschen
Tränen teile. Ohne Liebe müßtest du meinen, alles Licht
sei anderswo. Doch liebend, geliebt erlöscht das Lichter in dir nie.