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Predigt 28. September 2003

Keitumer Predigten Traugott Giesen 28.09.2003

Euer himmlischer Vater weiß, was ihr alles braucht

Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. Zerorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat Matthäus 6,32-34.))

Der reiche Jüngling (Markus 10,17-31)

Und als Jesus auf den Weg war, lief einer herbei, kniete vor ihm nieder und fragte ihn: Guter Meister, was soll ich tun, damit ich das ewige Leben ererbe?

Aber Jesus sprach zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein.

Du kennst die Gebote: »Du sollst nicht töten; du sollst nicht Ehen zherbrechen, du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst niemanden berauben; ehre Vater und Mutter.«( 2.Mose 20,12-17)

Er aber sprach zu ihm: Meister, das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf. Und Jesus sah ihn liebevoll an und sprach zu ihm: Eines fehlt dir. Geh hin, was du hast, verkaufe, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir!

Er aber wurde umdüstert bei diesem Wort und ging traurig davon; denn er hatte viele Güter. Und Jesus sah um sich und sprach zu seinen Jüngern: Wie schwer werden die Reichen in das Reich Gottes kommen!

Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.

Sie entsetzten sich aber noch viel mehr und sprachen untereinander: Wer kann dann noch gerettet werden?

Jesus aber sah sie an und sprach: Bei Menschen ist's unmöglich, aber nicht bei Gott; denn alle Dinge sind möglich bei Gott.

Da fing Petrus an und sagte zu ihm: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Jesus sprach: Wahrlich, ich sage euch: Es ist niemand, der Haus oder Brüder oder Schwestern oder Mutter oder Vater oder Kinder oder Äcker verlässt um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der nicht hundertfach empfange: jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker, unter Verfolgungen allerdings - und in der zukünftigen Welt das ewige Leben.

Ja, die einzige Berufungsgeschichte Jesus, die mit einem glatten Misserfolg endet (siehe Eugen Drewermann, Markus-Kommentar). Dramatisch, wie Wohlstand dem Glück im Weg steht. Und wie die Jünger sofort merken, dass nicht nur wenige sehr Reiche es schwer haben, sondern wir alle, die mehr haben als sie bei sich tragen. Eher zwängt sich ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass ein Reicher in den Himmel kommt. Da muss Gott schon viel nachhelfen.

Jesu Gewaltsatz zum Thema Geld heißt ja: „Du kannst nicht Gott dienen und dem Mammon“ (Matthäus 6,24). Warum nicht? Worin besteht die Feindschaft? Oder schwächt Lukas schon ab, mit seinem Wort: „Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon“(Lukas 16,9). Also nicht aller Mammon ist übel, nur der ungerecht erworbene, oder der gehortete? Viele Frauen folgten Jesus und dienten ihm mit ihrer Habe, schreibt Lukas (8,3). Nicht ausgeschlossen, daß sie das Geld auch aus fragwürdigen Geschäften ihrer Männer abgezweigt haben; und bei Jesus reinwaschen?

Paulus hat die Idee: „Haben, als hätte man nicht!“ Dieser eschatologische Vorbehalt: heute oder morgen bricht der Himmel bei uns ein und du zählst dein Geld, das kann doch nicht wahr sein, hast du nicht Besseres zu tun? Missioniert, Geschwister: „Die Zeit ist knapp; auch die eine Frau haben, sollen sein als hätten sie keine, die einen Mann haben, sollen sein, als hätten sie keinen“ (1 Korinther7, 29) - Paulus denkt so: Wenn du verheiratet bist, bleib es, wenn du nicht verheiratet bist, lass die Finger von. Den Ledigen und Witwen sagt Paulus: „Gut für euch, wenn ihr bleibt wie ich - allein" - wie genau, sagt er nicht eingehend. Wenn sie sich aber nicht enthalten können, sollen sie heiraten, "denn es ist besser zu heiraten, als ins Leere zu begehren“ (v.9) Also ist es doch nicht zwingend nötig, auf das Lieben zu verzichten, auch wenn das Himmelreich unmittelbar bevorsteht. Paulus sagt klar: „Der Mann leiste der Frau, was er ihr schuldig ist, desgleichen die Frau dem Mann. Die Frau verfügt nicht über ihren Leib, sondern der Mann: Ebenso verfügt der Mann nicht über seinen Leib, sondern die Frau. Also entzieh nicht eins dem anderen es sei denn eine Zeit lang, wenn beide es wollen, damit ihr zum Beten Ruhe habt, dann kommt wieder zusammen“ (v. 3-5).

Es ist mehr ein Rat: „Denn was weißt du, Frau, ob du den Mann retten wirst. Und was weißt du, Mann, ob du die Frau retten wirst?“ (v16). Nochmal Paulus: "Die Zeit drängt, weint und wißt: es ist nicht das Bitterste, freut euch, aber wißt, es ist erst ein Anfang; kauft, aber hängt euch an nichts, ihr könnt es nicht behalten. Nutzt die Welt, aber betet sie nicht an, die Welt vergeht". (v. 29-31)

Eigenartig vom Geld zum Lieben, - aber Paulus schlug die Brücke. Und ja- das Lieben, das Geld und die Religion sind die drei heißen Medien der Menschheit.

Sie haben viel gemeinsam: Das Lieben ist das Vermögen, verbunden zu sein in Freiheit; Geld ist das Vermögen der Kraft, des Befehlens, des Sättigens und Habens; und die Religion ist das Vermögen der Gottesbeziehung und des Lebensmutes. Liebe, Macht, Gottvertrauen- sind die drei Lebensmittel, aus denen der Mensch sein Dasein baut.

Wäre denn ohne Geld, ohne Befehlsmacht auskommen?

Geld ist Anrecht auf die Arbeit und die Waren und die Dienstleistungen anderer. Geld sammelt und hält bereit das Anrecht auf die Arbeitszeit und die Produkte anderer. Normalerweise kommen wir an Geld, indem wir selber für andere arbeiten. Wenige können die geerbten Anrechtsscheine ihrer Lieben ausgeben. Nicht immer hat „Der mit dem Geld“ auch selbst dafür gearbeitet. Das muss ja auch nicht sein. Wir können ja auch durchfüttern und verschenken, es kann einem ein großer Wurf gelingen. Es gibt viele Möglichkeiten, zu Geld zu kommen. Aber man steht in der Pflicht, das anvertraute Gut wieder zu verflüssigen in Nutzen für viele - und das ist auch Arbeit. Freude machen mir selbst, möglichst ohne zu schaden, und viele davon Nutzen haben lassen - das ist die Kunst.

Ruft Jesus auf, den Reichtum zu verschenken, sagt er damit: Verzichte auf die Anrechtsscheine. Du kommst schon klar, jeder Tag hat seine eigene Plage und seine eigene Kraft. Denn Geld – "am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles" - so Goethe; das Geld ein Gegengott; moderne Mommongesinnung beschreibt Bert Brecht „Die nicht wissen wollen, was ein Reis ist, die nur wissen, was sein Preis ist“, denen der Profit Gott ist, für Geld tun sie fast alles, auch ihre Seele verkaufen. Ans Geld sein Herz hängen, mein Sein definieren durch mein Haben, mich für wertvoll halten wegen meines Besitzes - schon der Junge mit dem Holzschwert fühlt sich mehr wert als der nur mit den Sandförmchen, -

Ja, das alte Israel konnte Besitz unbefangen feiern als Zeichen besonderen Gottessegens (Hiob1,10), die Reformierten um Calvin sahen es ähnlich, Max Weber sah später den Geist des Kapitalismus aus dem Protestantismus gekrochen. Vermögen als Auszeichnung für guten Charakter? Jesus dagegen warnt vor Vermögen, es kann kaum anders als unter Einfließen von Unrecht erworben sein; gebt es weg an die Armen, das wahre Vermögen ist Gottvertrauen.

Ihr könnt nicht Gott und dem Mammon dienen! Ja, es braucht Größe, sich des Geldes zu bedienen, ohne dem Geld zu dienen. Traut uns Jesus diese Größe zu? Jesu Ruf: „Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon“(Lukas 16,9), klingt danach. Jesus ist nicht generell so rigoros. Was muss ich tun, um ewiges, ewiggültiges Leben zu ererben, fragt einer. Und Jesus: "Halte die Gebote." Also arbeiten, Geld verdienen, ohne zu stehlen, Vater und Mutter ehren, ihr Versorgtsein sicherstellen und Geschwister nicht ums Erbe bringen; Du sollst nicht töten, also auch nicht verhungern lassen.- Hat man genug mit zu tun, eigentlich so handeln, damit fängt „ewiges Leben haben“ schon an.

Aber der junge Mann sagt: "Das habe ich getan von Jugend auf". Also wollte er mehr. Und es braucht Größe, sich des Geldes zu bedienen, ohne dem Geld zu dienen .Vollkommenheit: Ja, dann gib weg, was du hast, gib es den Armen und folge mir. Das ist Jesu Zielsatz. Sich aller materiellen Möglichkeiten entäußern, macht noch nicht heil. Keinen eigenen Besitz mehr haben - Jesus verlangt es nicht- sieht es eher als Freispruch an: Lass alles liegen und geh mit mir, liebend, vertrauend. Nehmen und geben wird sich finden. Aber der junge Mann konnte seinen Besitz nicht lassen: er hatte viele Güter.

Anrührend, wie Jesus ihm eher wehmütig nachgeschaut haben mag. Er läßt ihm seinen andern Weg: Viele Güter bewirtschaften, viele Menschen in Lohn und Brot halten - das hat seine Ehre. Schmerzlich die vielen, die am Marktplatz stehen noch bis eine Stunde vor Feierabend: Es hat uns niemand gebraucht, niemand uns eingestellt, niemand wusste was mit uns anzufangen. Und der Weinbergbesitzer heuert sie an und schickt sie noch spät in seinen Weinberg, und sie bekommen jeder den Tagessatz fürs Überleben.

Des Jünglings Blick verschattete sich. Kann man viel drüber mutmaßen: Reiche Leute finden immer andere, die sich ein Vergnügen daraus machen, ihnen gefällig zu sein. Vielleicht wollte er auch nicht von den Annehmlichkeiten lassen, die mit Besitz auch verbunden sind. Reden wir von uns: Von der Platzkarte bei der Bahn bis zum Strandkorb-mieten-können, Privatpatient sein können, der Luxus einer großen Wohnung, ohne fremde Geräusche.

Viel Geld – das ist Verantwortung, Annehmlichkeiten und eben doch auch Macht: Anweisen können, Menschen springen lassen können, jeder kennt so einen unangenehmen Zeitgenossen, der seine schlechte Laune auslässt an Kellnern oder einer Verkäuferin: zwanzig Pullover aus den Regalen… und dann rausgehn grußlos. Oder ein Auto mit dem Superdröhn, das Prahlen der Männer oder das rigorose Drehen an der Mietenschraube, all die Machtdemonstrationen.

Aber was man nicht kaufen kann für Geld ist Zeit und Gesundheit und Liebe und Lebensmut. Dieses Quadrat aus Zeit, Gesundheit, Liebe, Gottvertrauen: steht es doch in direkter Konkurrenz zum Geld, zum Geldmachen als Lebenssinn?

Es ist doch Angst, die uns treibt, immer mehr an Besitz vorweisen zu können; Unser Geldhunger frisst die Liebe, weil er misstrauisch macht: die lieben ja nicht mich, nur mein Geld. Er frisst die Gesundheit, weil er zum Wohlleben verleitet. Er frisst die Zeit, weil er meint: Zeit ist Geld. Und er frisst das Gottvertrauen, weil er einlädt, zu prahlen und auf sich selbst und seine goldnen Kreditkarten zu vertrauen.

„Der mit Geld“ ist versucht, sich selbst zu rühmen, ob seiner Cleverness. Dass sie alle Tricks aufbieten, wenig Steuern zu bezahlen, rührt davon, dass sie sich einbilden, selbst ihr Geschick produziert zu haben. Und sie verlieren die Demut, die davon rührt, alles für verdankt zu halten, auch die eigene Leistungsfähigkeit.

Was sagte der Weinbauer stolz, als man seinen Wein lobte: „Moi Gewächs“; und ein anderes mal beschwerte sich einer über den sauren Wein: „Na, halt, wie der Herrgott´s hat wachse lasse“- Also, die Erfolge privatisieren wir, die Verluste sozialisieren wir am liebsten, und die höchste Adresse fürs Allgemeine ist ja nun einmal Gott.

Mich Rühmen – Geld, Besitz, vorzeigbaren Ruhm, wir schmücken uns alle gern und stellen notgedrungen andere damit in den Schatten

Und Geld als Schutz - der Satz steht in der Bibel “Geld beschirmt“ (Prediger 7,12). Aber tut es das wirklich? Es beruhigt doch nur scheinbar unsere Daseinsängste, sie werden nicht stiller, je mehr wir haben. Es ist die Illusion, dem Tod entrinnen zu können, oder wenigstens noch Aufschub zu haben, solange ich noch Geld verwalte- oder was ist das, dieser Irrsinn, uns am Geld festzuhalten statt sich mit dem Himmel zu beschäftigen. Gegen den Winter von Eis und Schnee können wir Depots von gefüllten Öltanks und gefüllte Speisekammern anlegen, aber gegen den Winter der Todesnacht - da müssen wir Vertrauen scheffeln, in Gott geborgen zu sein, nur, wenn wir uns mit Geldmachen und Geldhalten mehr beschäftigen als mit Gutem denken.Wir bereiten uns die Hölle, mitten im Leben.

Unser Leben ist doch ständig gefährdet, es gibt nur eine Wahrheit, damit klarzukommen: "Unsere wesentliche Armut geschieht doch vor Gott, er hält uns für wert und wichtig, er liebt uns und wir bleiben mit ihm im Konvoi- auch wenn wir durch den Tod fahren." – Das kann uns ein gütiges Herz machen und einen weiten Horizont.- Das will uns Jesus vermitteln und:: „Du, Gott allein ist gut. Was dich gut macht, ist, dass er dich wahrnimmt.“ Kümmere dich um diesen deinen inneren Reichtum: Und es werden dir wachsen Flügel der Liebe und der Zeit als Geschenk und der hinreichenden Gesundheit und des Lebensmutes und des Mitgefühls. Amen.


 




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