L e b e n s m u t
 
Herzlich willkommen auf der Homepage von Traugott Giesen, ehem. Pastor in Keitum auf Sylt!

Aktuelles

Predigten
Kolumnen
Bibelenergie
Tägliche Losung
Gastpredigten
 

Archiv

Nachhören
Archiv Predigten
Archiv Kolumnen
Themenverzeichnis
Weitere Texte
Bibelstellen
Aufgelesenes
 

Informationen

Bücher
Links
 

Kontakt
Emailkontakt
Webmaster
Gästebuch
Impressum

Besucher seit
12.03.2001
0961376
Predigt 13. Juni 2004

Keitumer Predigten Traugott Giesen 13.06.2004

Gott ist Liebe

Johannes 13, 34 f

"Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe. Auch ihr habt einander lieb. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt."

1. Johannesbrief 4, 16-21: "Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. Darin ist die Liebe bei uns vollkommen, dass wir Zuversicht haben am Tag des Gerichts; Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht rechnet mit Strafe. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe. Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt. Wenn jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst doch seinen Geschwister, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Geschwister nicht liebt, den er sieht, wie soll er Gott lieben, den er nicht sieht? Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe."

Gewaltig dieses Wort - wie es löffelweise uns einspeisen? Wie soll ich davon singen und sagen? Ich bin doch selber bedürftig, dass ich gespeist werde. Gott ist Liebe - die zwei größten Worte der Menschheit als ein und dasselbe, „kein Unterschied, ob Gott in uns bleibt und Wohnung in uns nimmt, oder ob wir in der Liebe bleiben und die Liebe zu unserer Lebenssphäre wird. Gott und Liebe sind eine Wirklichkeit“ (P. Tillich).

So ist denn das Weltall eine Ausgeburt der Liebe, die Vulkane, die Planeten, die Stürme und Wüsten, die Gebirge und die Wolken, die Regentropfen und Ozeane Materie gewordene Liebe, die Milchstraße - eine Sprache Gottes, und die Pflanzen, die Tiere und Menschen von der Liebe ins Sein gerufen, gestaltete Liebe. Und jeder einzelne Mensch von der Liebe ins Leben gerufen. Wir, die Tiere auch, aber wir erst recht, sind geschaffen um in der Liebe zu bleiben, die Liebe zu leben. Bevor uns das Christus offenbarte, ist Gott vor allem als Bedrohlicher und Machtvoller gefürchtet worden. „Herr Zebaoth“ Herr der himmlischen Heerscharen“ heißt er im alten Testament, Blitz und Donner sind sein Zepter, er habe die Erde unter Wasser gesetzt, Feuer vom Himmel regnen lassen auf Sodom und Gomorrah, habe Heuschreckenschwäme zur Strafe herkommandiert.

Bevor er als Liebe von Christus gekennzeichnet wird, ist er Herr und Gebieter, Züchtiger und Zuchtmeister, um den Menschen in seinem bösen Trachten an die Kandare zu nehmen. Und es gibt noch viele Fromme, die haben die Sensation des Christus gar nicht mitbekommen, die rutschen noch immer auf Knien lange Wege, um Gott gnädig zu stimmen; es gibt Fromme, die kleiden und essen und verhalten sich wie die Vorfahren, weil sie Gott für unveränderbar und ehern halten; als habe er damals gesprochen und fertig. Sie sehen Gott als Gesetzgeber und Richter, Ehrfurcht und Gehorsam stehe uns an, und Kirche, der Tempel, die Moschee seien vor allem Erziehungsanstalten.

Dagegen offenbart Christus Gott als „einen glühenden Backofen voll Liebe“ (Luther). Sein Wesen ist mütterliches, väterliches für uns Dasein und zärtliches Lieben dazu. Das Verlorene suchen ist sein Metier, die Schuldigen zur Heilung rufen, die Besessenen freimachen, uns mit heiligem Geist anstecken, dass uns Herrschaft über uns selbst eingeräumt ist. Nur zwei, drei Blitzlichter von der Revolution durch Jesus: Jesus heilt am Sabbat - die Frommen halten außer Verehrung Gottes nur Nichtstun für geboten. Jesus aber sagt: Heilen, lieben ist Verehrung. Ein anderes Bild: Die Frommen meinen, es reiche, gerecht zu handeln, also „was du willst, das man dir tu, das tu du auch anderen“. Jesus sagt, „Liebet eure Feinde“ - denn Gott lässt auch seine Sonne scheinen über Gerechte und Ungerechte (Matthäus 6,44.46). - Noch ein Bild: Jesus erzählt von den verlorenen und wiedergefundenen Söhnen. Der eine hat den Vater ausgenutzt, der andere hat ihn als harten Rechner verkannt. Beide holt er in seine Liebe. Und für den Gott der Liebe lässt sich Jesus in Stücke reißen: „Gott, sie meinen, dir zu gefallen, indem sie mich erschlagen. Vergib ihnen, sie wissen nicht was sie tun.“ -

Das ist die Offenbarung des Jesus Christus: Gott ist Liebe, und Furcht ist nicht in der Liebe. Also fürchtet euch nicht vor Gott, fürchtet euch vor euch selbst, dass ihr nicht liebt. Liebt ihr, dann lebt ihr als meine Brüder und Schwestern, auch wenn ihr mich religiös nicht verehrt; liebt ihr nicht, kennt ihr mich nicht, auch wenn ihr das Glaubensbekenntnis mitsprächet.

Gott ist Liebe. Alle Liebe, die ein Mensch dem andern getan hat, hat er Gott mit getan.- Das ist die Logik des Jesus Christus: „Was ihr getan habt einem meiner geringsten Brüder und Schwestern, das habt ihr mir getan“ (Matthäus 25,40), "wer ein Kind aufnimmt, der nimmt mich auf " (Matthäus 18,5). Gott materialisiert sich in seiner Kreatur, er wird Mensch, er fühlt in uns Kälte und Wärme, er wird mit verachtet und geehrt; wenn einer keine Arbeitsstelle bekommt, ist eins von Gottes Gliedern ungebraucht. Umarmen sich zwei, dann ist Gott in den beiden nicht mehr vereinzelt. So ist Liebe das einzige, worauf es ankommt. Das sind die Helden und die Heiligen, die ganz im Lieben aufgingen: Elsa Brandström, Gandhi, Albert Schweizer, Mutter Theresa, Kofi Anan heute und die vielen still das Nötige tun. Die unwiderstehliche Kraft der Liebe verließ sie nie, sie ist mehr als Menschenfreundlichkeit oder Gutmütigkeit: Wenn wir einen Fremden aufnehmen aus einem fernen Land, wo er verhungert oder erschlagen wäre, oder wenn du in einem fernen Land ein, zwei Menschen das Überleben sicherst, dann scheint Gottes Liebe durch dich hindurch.

Liebe ist mehr als Gerechtigkeit und gewaltiger als Hoffnung und Glaube. In jedem Augenblick wahrer Liebe wohnen wir in Gott und Gott in uns. – "Liebe achtet den Anspruch des andern auf Anerkennung seines Wesens, achtet, aber auch den eigenen Anspruch auf Anerkennung seines Wesens. " - Gut gesagt, aber keinen aus Ghana, der auf dem Flugplatz im Container sein Leben fristet, habe ich anerkannt in seinem Wesen, habe nicht versucht, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Kann mich Gott lieben, wo ich meinen schwarzen Bruder wie Luft behandle?

Gott leidet mein Schuldigbleiben mit. Und schleudert doch nicht fürchterliche Strafen gegen den, der Liebe versagt. Das alte Götterbild von Zeus und vom Herrn der Heerscharen hat Jesus eingestampft. Gott ist Liebe, Liebe richtet nicht, richtet auch nicht gnädig, richtet überhaupt nicht, erst recht: richtet nicht hin. Sondern richtet her, macht schön. Liebe setzt frei, verzichtet darauf, das Geliebte sich ähnlich zu machen. Wenn der Mensch meint, es sei sein Glück, außenrum um Gott zu gehen, dann lässt er ihm wohl den Umweg. „Gott findet auch die, die ihn nicht suchen“ (Jesaja 65,1). Jedenfalls will er uns nicht zu sich zwingen durch Angst vor Strafe. Furcht und Furchtmachen ist nicht in der Liebe. Auch die Furcht vor Strafe ist nicht in der Liebe.

Furcht ist nicht in der Liebe, also auch nicht mit uns selber geizen. Nietzsche sagte: „Gegen die Männerkrankheit der Selbstverachtung hilft es am sichersten, von einer klugen Frau geliebt zu werden“. Denn die kluge Frau weiß: „Das größte Glück besteht nicht darin, geliebt zu werden, sondern zu lieben“ (Camus). Sie hilft dem Mann, zu lieben - auch, vielleicht erst recht: die Kinder, und so findet er sich selbst liebenswert im Laufe der Zeit. Einander nähren, sich erkennen wollen, erkannt sein wollen, das Anfassen, sich Austauschen, heilen wollen ist Liebe, ist Gott in Aktion.

Unser Lieben ist nicht Erwiderung der Liebe Gottes, sondern deren Fortsetzung, ist ein Erscheinen des Ewigen in der Welt. Lieben nicht nach dem Maß der Ansehnlichkeit des Geliebten, sondern weil auch durch dieses Wesen das Lieben gehen will. Mancher ist sehr abhängig, dass alles stimmt: Gerüche, Farben, Stimmenklang, Kleidung - dann muß er ziemlich sich ums Lieben mühen. Andere haben eine leichtfüßige Menschenfreundlichkeit, die Widerstände leicht überspielt - jeder im Rahmen seiner Kräfte!

Unser irdisches Lieben ist viel mit Angst besetzt: zu versagen, erwischt zu werden bei Vergeudung, und wie rasch die Zeichen des Begehrens zerflattern, und immer ist dies verschwommene Wort Liebe voll rätselhafter Ansprüche: lieben oder nur gern haben - was ist los? Lieben wir einen andern um dessenwillen, was in ihm ist? Oder liebt man, um etwas willen, das in einem selber ist? - Oder ist es das Lebendige zwischen uns, das Gespinst, das Gespräch, das Sich- im- andern- spiegeln? Beim andern seine Angst ausatmen und Zuversicht aus seinem Atem schöpfen; Bejahekraft, Erfüllung, Linderung - das stiften sich die Liebenden. Doch, so Hilde Domin: "Du und ich, von warm nach kalt, wie schnell das geht, Haut und Gänsehaut."

Erlöst werden zur Liebe zu Gott, das zeigt sich darin, dass man überall das Gute zu finden und zu schätzen weiß. Lieben befreit aus der Gefangenschaft der Bedeutungslosigkeit. "Lieben heißt, den Grund verstehen, den Gott hatte, das zu erschaffen, was wir lieben" (Gòmez Dàvila). - Katharina von Siena im 14 Jahrh. hörte Gott sagen: „Die zum menschlichen Leben notwendigen Dinge habe ich an euch unterschiedlich verteilt, damit ihr gezwungen seid, euch gegenseitig Liebe zu erweisen. Ich will, dass der eine auf den andern angewiesen ist, und ihr alle als meine Diener die von mir empfangenen Gaben und Geschenke mit anderen teilt.“- So ist mein, dein Lebenswerk, die Arbeit der Liebe, ist Gottesdienst.


 




Service

Startseite
Druckvorschau

Presse-Feed EKD

© 1996-2024 Evangelische Kirche in Deutschland
Weitere News...  

 
Online 4