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Predigt 31.10.2004

Keitumer Predigten Traugott Giesen 31.10.2004

Reformationssonntag und Verabschiedung des Organisten Matthias Eisenberg

Psalm 46,2-6

"Ein feste Burg ist unser Gott" ist das große Schlachtenlied der Protestanten. Wir Heutigen singen es mehr als Zitat und das auch nur noch alle sieben Jahre, wenn der 31. Oktober auf einen Sonntag fällt. 95 Theologische Sätze hatte Luther zu Papier gebracht und sie öffentlich angeschlagen, wohl an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg, am Abend vor dem hohen Feiertag Allerheiligen Anno 1517. Luther forderte seine Kirche zur Diskussion auf über die Mißstände - etwa den Ablass, den Freikauf von Sünden, und wie der Papst die Gewissen knechtete und wie seelsorgerlich verwahrlost die Kirche sei. Er forderte auf, zurückzufinden zu einem evangelischen Glauben, der lässt Christus allein die Ehre, uns Retter und Heiland zu sein. Und macht, daß wir tatkräftig lieben.

Luther hat mit dem Kleinen Katechismus dem Volk den Christenstoff eingebläut, ja, er hat das Glück des Glaubens überhaupt erst wiedergefunden, diese Heilkraft, dieses rettende Wissen von Gott hat er wieder schöpfen gelehrt durch Übersetzung der Bibel in alltägliche Sprache. Luther spitzte das Gottwissen dermaßen geistvoll und herzanrührend und handgreiflich zu, wie es vorher wohl nur Paulus vollbracht hat. Und hat es auch noch singbar gemacht: z. B. „Ein feste Burg ist unser Gott“ nachgesprochen dem 46.Psalm:

Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben. Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich das Meer wütete und wallte und die Berge mitten ins Meer sänken; ja, wenngleich auch die Welt unterginge - die Stadt Gottes soll fröhlich bleiben. Gott ist bei ihr drinnen, darum wird sie festbleiben.

Dies heute denken, in unsern Ängsten; von Gott als unserer Zuversicht heute reden. Ohne die Kulisse von damals, dem Weltuntergang und ohne den „altbösen Feind“, den Teufel, leibhaftig vor Augen, so daß man mit dem Tintenfass nach ihm werfen kann; und ohne Scheiterhaufen zur Verbrennung Ungläubiger. Vor der Kulisse von damals loderte der Jesus Christus als flammender Weltenrichter, schlug Ritter, Tod und Teufel und zog die Seinen in sein Schiff - brachte sie durch den Höllenschlund des Jüngsten Gerichtes. Die andern zerschlug er. Vor diesem Weltbild von vor 500 Jahren ist gut „Eine feste Burg“ singen - so ähnlich wie: „wo wir uns finden, wohl unter Linden, zur Abendzeit“- es ist doch eben nur noch Zitat aus dem Museum der Gefühle.

Viele haben noch das mittelalterliche Weltbild als Grundriß im Kopf - ich denke an den Islam im Jemen z. B. der, die Frauen bis auf einen Sehschlitz in Schwarz verhüllt, damit sie den Männern nicht zur Versuchung werden. Ich denke auch an viele Christen in den USA, sie nennen sich „Born again “, „Wiedergeborene“, sie feiern Herrn Bush als die Lichtgestalt des Guten im Kampf gegen das Reich des Bösen. Da ist „die Stadt auf dem Berge“, Gottes Stadt: Washington. Von dort wähnen sie Gott zum letzten Gefecht gegen das Böse in der Welt antreten. Bizarr das alles, Lassen wir das. Sprechen wir in unsern Ängsten mit Gott, der Zuversicht und Stärke ist, uns, hier.

Dazu ist ja Gottesdienst da, daß wir uns einbetten in den Strom der Gläubigen, mit Abraham und Sara, den Jüngerinnen und Jüngern, mit Martin Luther und seiner Katharina v. Bora, mit unsern Goßeltern, Lehrerinnen, Pastoren. Gottesdienst als Training in Gemeinschaft der Heiligen, auch mit denen, die im Kommen sind, Kinder, Nichten Neffen, Enkel - die Menschheit, die aufkeimt und erblüht, neben uns und nach uns.- Wir bestärken einander: Gott ist, gewisser als wir selbst, „ehe denn die Berge wurden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit, der du uns herrufst, mit einer Spanne Zeit und Schwerkraft ausstattest, dann wieder uns heimrufst: Kommt wieder Menschenkinder“ (Psalm 103), Du das große Du von Allem – vor dem wir existieren, also hervortreten. Weil du uns rufst, sind wir die Echos des grandiosen Rufes: Ich will dich, sei gern du, mein Du, mein Gegenüber, dein Lebenwollen ist mir „Lobe den Herrn“, dein Glücklichmachen bringt meine Früchte, dein Lieben ist Teil meines Strömens, deine Großmut ist meine Blüte. Gott sagt, ich treibe in dir aus, in deinen Händen grabe ich die Welt um, in deinen Augen schaue ich Maß und Schöne, in deinem Gewissen komme ich zur Geltung, in deinen Tränen weint Gott mit, er ist doch das Bewusstsein in allem. Durch dich kommt Freude und Gedeihen in die Welt.

Aber du hast Angst, es gedeihe durch dich nicht genug. In den Umfragen bekommt die Angst Gestalt: arbeitslos sein, krank, überschuldet, einsam sein, - ja diese Befürchtungen kann man sagen, sie lassen sich hören. Aber dahinter lauert doch der Schrecken, nicht zu taugen? Die Angst zu versagen und zu enttäuschen. Aber was dachtest du denn wer eine Zuversicht und deine Stärke sei? Natürlich bist du zuständig im Rahmen deiner Kräfte, wehe: du vergräbst deine Talente.Aber der Rahmen deiner Kräfte ist dir gesteckt, dein Wesen ist dir geprägt, deine Gene dir vorgegeben, deine Eltern dir verfügt, dein Umfeld dir zugewiesen. Der Urheber deiner selbst und der Verfasser deines Drehbuches, inklusiv der Schlenker, die du machst, ist Gott.. Den lass dir feste Burg sein, Sonne und Schild, Zuversicht und Stärke.

Einer hat ganz und gar Gott seine feste Burg sein lassen, eben der Jesus Christ. Er ist der Anfänger und Vollender unseres Glaubens an den väterlich-mütterlichen Lebensgrund. ( Jesus hat sorglos, dankbar, mit dem Leben befreundet gelebt, er hat die Aussätzigen wieder ins Spiel geholt und den Herrschern den Platz des Dienens angewiesen, er hat für die Unwissenden um Vergebung gebeten, er hat uns beigebracht, aus der Sicht des Leidenden die Lage zu  beurteilen, er warb um Vertrauen auch gegen den Hartherzigen, hat auch den Verstockten noch für erreichbar gehalten: Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.)

Diesen Jesus Christus hat Gott zum Erstling der Schöpfung ernannt- hat ihn auffahren lassen mit Flügeln wie Adler in sein Inneres. Seitdem ist Gott und Christus verschmolzen - fragst du wer er ist, er heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth - das ist Gottes Titel im Alten Testament. Und ist kein anderer Gott als der Schöpfer der Welt mit Christi  Antlitz, aber diese Vorstellung ist auch nur eine Formulierung, nicht die Wahrheit, sondern eine Version, eine Zeichnung in der ehrwürdigen Zeichensprache der Religionen. Christus dein Hirte, dein Heiland, dein Freund, Anleiter deines Glaubens – Gott meine Burg, meine Zuversicht und Stärke: Eins im andern. Es ist mehr eine Gefühlssache, ob ich zu Gott bete oder zu Bruder Christus. Hauptsache: du, lebst dies: Gott liebt dich und braucht dich. Daraus erwachse dir ein Selbstbewusstsein, das Berge versetzen kann. Und bedenke: „Was deinem Selbstbewusstsein gut tut, das tut auch deiner Beziehung gut“(I. v. Kührty).

Du, deiner dir selbst bewußt als geliebt, gebraucht vom Herz aller Dinge: Was können dir da Menschen tun? (Nein ehrlich –sie werden doch völlig überschätzt: Sie sind auch bedürftig, sie wollen auch geachtet sein, sich eines guten Rufes erfreun, wollen täglich ihre gute Tat tun und auch ihre Ruhe haben. Sie wollen auch nicht verhasst sterben, gern ließen sie einen guten Nachgeschmack zurück. Wenn die Menschen dich nicht achten, dann doch weil sie nachlässig sind oder sie sich von dir nicht viel versprechen- das kann dir mit anderen auch passieren. Was können dir Menschen tun?) Das lerne von Luther: Sag was du musst. Und lass dich nicht bestechen. Aber sei klug; ohne falsch, aber klug. Gott hat manche Sorten Engel und jede Mengen Anfänge. Überhaupt: Schluß ist nie - fertig sind wir erst im Himmel und auch da, da erst recht solls ja erst richtig losgehen.

(Ich versuchte, die Power Gottes herzuzeigen, die Erotik des Seins- aus ihr richtete damals Luther die Reformation an- es ist die gleiche Energie aus der wir heute Lebenslust schöpfen mögen, ein jeder in seinem Revier, es ist die gleiche Glaubensfreude, mit der wir Kirche bauen sollen, brauchbar für heute. )

Gott hat so manche Sorten Engel und jede Menge Anfänge. Das gilt in besonderer Weise für Matthias Eisenberg, den wir heute aus dem Amt des Organisten an St-Severin verabschieden. Matthias, Du warst uns eine Art Engel, wenn du uns in Verzückung setztest mit deinem Spiel. Engel sinds nicht immer gern. Du warst auch Getriebener, hinter jeder Note lauern 100 Möglichkeiten und nur eine ist die bestmögliche, und du hast nur Nanosekunden Zeit für so oder so. Aber oft breitetest du uns den Teppich aus, den Fliegenden, und entführtest uns zu Wonnen. Machtest uns Geflügel zu Adlern - und dich selbst zum Sonnenkönig, dann wenn die Antlitze des Chores, vor allem der Frauen, von überirdischer Beglückung leuchteten, und das Kirchlein schwankte als ein Freudenhaus des Herrn, - dann erhob es dich zum Götterboten, kindhaft glücklich, gelöst, als wärst du für die Himmelfahrt bereit. Wir danken dir, danken dem Herrn der Töne für Dich, für 12 große Jahre in Keitum. Doch deine Heimat liegt in der Musik - drum fahre wohl, wohin der Herr dich ruft, - jede Menge Anfänge Dir und komm oft wieder rein, einen Schlüssel von St-Severin behältst du ja.


 




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