Traugott Giesen Kolumne 27.04.2002
aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg
Bischöfin Jepsen zum Zweiten
Wenn am Sonntag Kantate (singet!) die Nordelbische
Synode im Michel die Bischofswahl für Hamburg abhält, steht das
Ergebnis schon fest. Maria Jepsen (57) ist einzige Kandidatin und freut sich
auf die Wiederwahl für weitere zehn Jahre. Sicher gibt es andere Menschen,
die für dieses Amt auch geeignet wären. Aber niemand weit und breit
ragt heraus. Kein grandioser Kirchenvater ist sichtbar, keine Frau Paradiesvogel.
So ist die Synode vernünftig genug, der Bewährten das Mandat zu
verlängern, alles andere wäre auch ein Affront. Denn Maria Jepsen
passt. Sie ist redlich und ehrlich, glaubwürdig und wach. Und sie ist
fröhlicher als die Blässe so manchen offiziellen Kirchentums.
Sicher kann auch sie nicht alle Wünsche
abdecken, nicht alle Christen fühlen sich von ihr vertreten. Manchen
ist sie nicht hanseatisch genug, anderen ist sie zu bieder. Aber sie steht
für die Kirche, wie sie ist: sehr menschlich, gern festlich; aber doch
sehr im Rahmen; fleißig, aber doch nicht immer mit zündendem
Angebot.
Sie ist fromm, sie weiß, sie gehört
Gott, der hat sie erfunden und will sie, will sie auch in diesem Amt, dessen
ist sie sich gewiss. Sie hat Rückhalt an der Bibel und ihrem Mann. Sie
hat Freude an Theologie, vor allem am hebräischen Text des Alten
Testamentes, sie achtet auf die Ökumene. Sie ist fleißig. Sie
schenkt vielen Menschen und Projekten ihre Aufmerksamkeit. Sie drängt
auf Gerechtigkeit für Benachteiligte, will die im Schatten ins Licht
holen, hat sich vor manchen Bedrohten gestellt.
Sie hat Lust an der Macht, sie leitet gern und
geniert sich nicht, Entscheidungen zu treffen, übertriebene Staatsnähe
kann man ihr nicht nachsagen, für Seilschaften hat sie nichts übrig;
ihr Feminismus ist sanft, auch mit Männern kann sie schließlich
gilt ihr spezielles Hirtenamt Pastorinnen und Pastoren. Für Sünder
unter der Pfarrerschaft hat sie Güte gelernt, aber Schaden von der Kirche
abwenden geht vor. Sie ist ein Kirchenmensch von ganzem Herzen, nie würde
sie sich zu weit von der Mitte wegbewegen. Sicher will sie auch gemocht sein,
aber sie zeigt auch Sympathie. Die brillieren wollen, kann sie leicht
ernüchtern.
Maria Jepsen hat ihren Stil gefunden: Sie weckt
Vertrauen, man traut ihr, dass sie sagt, was sie meint und meint, was sie
sagt. Sie repräsentiert eine Kirche für alltags, eine schlichte
aber nötige Kirche, keine zauberhafte, eine jenseits des
Weihrauchs. Sie hat ein gutes Empfinden für das Gespräch
zwischen den Kirchen, Religionen, Weltanschauungen. Sie geht gern auf Besuch.
Zu wünschen sind ihr offene Türen, offene Herzen und zum Mitbringen:
Heiligen Geist.