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Traugott Giesen Kolumne aus Hamburger Morgenpost 09.05.1998

Guildohornig sind wir alle manchmal

Deutschland zerfällt gerade in Faszinierte und Angewiderte. Die einen finden G. H. lachhaft, die andern begeisternd. Die einen wittern die große Verarsche, andern dämmert der Gottesdienst der Zukunft. Dazwischen ist viel Spaß an der Freud, Konsumieren, Fanclub-Eifer, Narretei. Und die meisten Deutschen haben ihn noch nie gehört, gesehen und werden ihn nie merken. � Also tieferhängen, den Guildo. Er ist weder Kulturzertrümmerer noch Messias. Er ist ein Partymacher, und einige haben gerade eine Menge Spaß mit ihm.

Warum gerade mit ihm, das ist natürlich die Frage. Die Musik ist so schrottig wie der Band-Name �Orthopädische Strümpfe�. Und Guildo sieht aus mehr zum Weggucken. Er schaut aus der Wäsche wie wir, wenn wir fertig sind. Aber gerade für uns scheint er sich so abzumühen. Es scheint, wenn er im Rampenlicht steht, dann will er uns kein Licht stehlen sondern uns ins rechte Licht setzen. Den Anschein bringt er rüber, daß er uns Freude machen will. Er lügt wohl nur geringfügig, wenn er treuherzig versichert: �Guildo hat euch alle lieb� � aber wer das als eine Art Evangelium nimmt, bei dem macht es doch �piep, piep�.

Das ist schon gekonnt, wie er eine ganze Unterhaltungsmaschine mit G. H. an der Spitze in Schwung bringt. Wenn heute abend der Prix des schönsten Liedes in Birmingham ausgekämpft wird, dann feiern Millionen verrückt. Ein Volksfest ist im Gange. �

Nur scheinbar diesem Nichtsänger, diesem Nichtschönen zu Ehren hocken die Massen � ich auch ein bißchen � vor der Glotze. Er ist ein Genie des Banalen, er scheint so einfältig, daß man ihm zur Hilfe kommen will. Er spricht an mit völliger Anspruchslosigkeit � er reißt mit aber nirgendwohin; er entführt zu Muttis Nußecke; er bringt Spaß auf niemandes Kosten, und das voll Energie und einladend zum Mitmachen, daß jeder sich in seiner kleinen Persönlichkeit auf den Leuchter gestellt sieht.

Zum Dankesagen fordert er auf, er lockt zur Zärtlichkeit � macht sich lustig über sich selbst. Viele gehen gestärkt in ihr Bett, jedenfalls in guter Stimmung, gut zerstreut, ohne Anstiftung zur Gewalt. � Ein leichter Schwaden Weihrauch ist beigemischt. Er nutzt auch Requisiten aus der Kirche. Aber in jeder �Wetten daß�-Sendung kommen die Kandidaten, als stiegen sie vom Himmel, in jeder Quizsendung sind die Waren dekoriert wie auf einem Altar. Das Banale hat immer schon die Ausstrahlung vom Heiligen gestohlen. Aber auch das Heilige versteckt sich gern im Unscheinbaren. Wir alle sind der Rede wert, das jedenfalls kann man bei G. H. raushören. � Vielleicht feiern wir ja auch nur unser eigenes Bescheuertsein. Aber Arbeit, Geist, Schönheit, Hoffnung sind nicht widerrufen. Und glücklich die Zeiten, die keine Helden brauchen.


 




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