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Kolumne 8. März 2003 - <br>Die im Schatten stehen

Traugott Giesen Kolumne 08.03.2003 aus "Die Welt" Ausgabe Hamburg

Die im Schatten stehen

Christian N., verheiratet mit Petra Gerster, der „ZDF heute"-Moderatorin, leidet unter seiner Rolle. Er fühlt sich eingeladen als Mitgeher, als Mitesser, als Begleiter eben nur. Die Gemeinte, die Wichtige sei seine Frau, er nur Zutat. Klagend sagt er von sich: „Ich bin eine tragische Figur; ich leide wie ein Hund."

Damit ist öffentlich hochgekocht, was unterm Deckel der Ehen und Beziehungen vielfältig brodelt. „Und der eine steht im Dunklen und der andre steht im Licht, und man sieht nur die im Lichte, die im Dunklen sieht man nicht", dichtete Bert Brecht. Das eigentlich auf Arm und Reich gemünzte Lied passt auch für Paare mit je verschiedenem Aufmerksamkeitsbonus. In der Firma gilt jeder für sich als wichtig. Wer einen nach Feierabend abholt, bleibt im Dunklen. Auch im Verein, sei's bei der Feuerwehr, sei es im Kirchenvorstand, kommt der Gefährte, die Gefährtin kaum vor; man kennt den Zugehörigen nicht wirklich. Aber als Nachbarn und im Freundeskreis hat jeder den gleichen Status, die öffentliche Rolle ist abgestreift. Und in Familie ist jeder Amateur, jeder ist von jedem abhängig, und die draußen viel zu sagen haben, sind drinnen am Bedürftigsten.

Draußen aber ist das Gefälle oft grausam. Im Städtchen wird noch Lehrer, Lehrerin, Pastor, Pastorin gegrüßt. Sie sind geprägte Figuren, man hat was mit ihnen erlebt. Zum Bürgermeister ist man auch nett, denn über dessen Tisch geht mal der Bauantrag. Da bekommt der „Mensch an seiner Seite" auch einen Hauch von Gruß ab, meist aber eben nicht; dann heißt es: „Guten Morgen, Frau Pastorin", „Tach, Herr Bürgermeister", auch wenn der Ehepartner mit eingehängt geht. Das ist einfach gedankenlos und unhöflich und schmerzt auch. „Tach zusammen", wäre so einfach und fair. Aber Jahrhunderte Obrigkeitsglaube und dienende Rolle der Frau - auch gerade von Frauen den Frauen aufgedrückt - schwingen noch mit.

In der Großstadt ist man hinter der nächsten Ecke schon anonym und wieder gleichwertig. Es sei denn man kenne ein Gesicht vom Fernsehen. Dann fängt das große Geilen und Gefeixe an, dann wollen sie Autogramme und ein Foto für die Lieben daheim. Da stört man als Partner nur, will am liebsten weglaufen, geht am besten getrennte Weg. Oder aber dient der gemeinsamen Firma, wie etwa Frau Stoiber.

Das Angemachtwerden durch Fremde, als wäre man deren Haustier, ist mühselig. Die Menschen kippen den Prominenten mit ihrer Zuneigung zu. Nur weil sie Fernsehgebühren zahlen, halten sie den Star für ihr Eigentum. Es ist ein gefährliches Spiel, weil die Stars von Show und Politik ja beliebt sein müssen. Dann müssen sie sich auch hinhalten. Zuhause dann, die beiden für sich, brauchen sie viele Engel. Ein Engel säubere vom Schmutz des Eingebildetseins und des Neidens; ein Engel kläre die Augen für die Einzigartigkeit des geliebten Menschen. Und ein Engel eröffne dem von Öffentlichkeit Verschonten sein Eigenes. Zu viel Aufmerksamkeit ist Gift, zu wenig auch.


 




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